Tipps für den Umgang mit Nicht-Polys

Umgang mit Kritik an deiner Lebensweise

Als polyamorer Mensch ist man immer mal wieder einer Anzahl von Vorurteilen von seiten der nicht-polyamoren Mehrheit ausgesetzt.

Wenn sich die Situation in den letzten Jahren auch enorm verbessert man und man mehr Toleranz erfährt, es sind immer noch die wenigsten Menschen, die einfach zucken die Achseln und sagen: Ach so. Speziell für ältere Semester ist ein Coming-Out als Poly mehr oder weniger schockierend, und es gibt einen starken Wunsch, dagegen Position zu beziehen.
In der Regel lautet die Vorwürfe, man sei als Polyamorist unmoralisch, gottlos, unverantwortlich, staatszersetzend, lieblos bis grausam oder nur auf Sex ausgerichtet, bzw. es würde einem an Tiefe mangeln oder an der Fähigkeit, sich wirklich einzulassen.
Andere, etwas „liberalere“ Geister, wollen einem mit quasi wissenschaftlichen Argumenten einreden, dass so eine Lebensart unmöglich erfolgreich zu leben sei.

Wie dem so ist, gibt es ja immer wieder Selbstzweifel, innere Konflikte und Schuldgefühle, wenn man anders lebt als die meisten anderen – das ist bei Polys auch so. Aus diesem Grund kann unsereins auch gegen kritische Stimmen anfällig sein.
Und – es ist einfach unangenehm, böse angemacht zu werden und sich nicht wehren zu können.

Manchmal sind es auch besorgte Angehörige und Freunde, die die besten Absichten haben, und dich aus deiner „sektiererischen“ oder „problematischen“ Lebensweise befreien und retten wollen.

Deshalb möchte ich hier eine kleine Argumentationshilfe reichen – häufige Vorwürfe und wie man sie entkräftet.

Wie kommuniziere ich denn nun mit Nicht-Polys?

Am besten ist es, ganz defensiv aufzutreten. Andere Menschen mögen es so wenig wie du, missioniert zu werden. Schon so manch einer, der Autor inklusive, hat sich nach seiner Entdeckung der Poly-Lebensweise zum Ziel gemacht, andere auch mit dieser Entdeckung zu beglücken, ob sie das wollen oder nicht. Das führt dazu, dass sich die Zahl Ihrer Freunde rasch halbiert.
Ich halte viel davon, nicht unnötig zu provozieren, andere mit seinem Lebensstil nicht bewusst zu ärgern oder ihre Gefühle zu verletzen. Das heißt nicht, dass du deine Überzeugungen und Werte ganz zurücknehmen musst.
Besser ist es, so aufzutreten, dass du für Toleranz bist und andere Menschen respektierst, seinen sie nun schwul, lesbisch, Bi, BDSM-ler oder römisch-katholisch und dass du dich für deine Lebensart, die dir individuell entspricht, denselben Respekt und dieselbe Toleranz wünschst.


Für viele Menschen ist die Konfrontation mit Poly nicht so einfach, weil sie vielleicht innerlich auch solche Sehnsüchte haben, sich aber dagegen entschieden, und jetzt müssen sie ihre Entscheidung für ein anderes leben auch rechtfertigen, indem sie glauben, Poly funktioniert nicht. Oder es ist was für Spinner und Hippies. Verstehe diesen Vorgang, dann kannst du auch einfühlsamer sein und musst dich nicht so schnell ärgern.
Manche Menschen machen nach ihrem Coming-Out als Poly die Erfahrung, dass das ganze Umfeld es toll findet und sie nur zustimmende Rückmeldung erhalten. Dann heißt es: zurücklehnen und freuen! Irgendwas habest du richtig gemacht.

Dennoch gibt’s immer wieder Situationen, die andere an ihre Grenzen bringen. Ein Freund von mir hatte die Wahl, ob er seine beiden Freundinnen zum Begräbnis seiner Großmutter mitbringt. Hat er schließlich nicht gemacht. Die Freundin, die nicht mit durfte, fühlte sich natürlich zurückgesetzt.
Auch in anderen Situationen wie im Beruf oder beim Elternabend kann ein Poly-Outing unangenehme Folgen haben. Da muss jeder selbst wissen, wie dezent er das handhaben möchte oder wie sehr ihm auch die Ausbreitung des neuen Lebensgefühls am Herzen liegt. Schwule, Lesben, SM-ler hätten es auch nicht zur Enttabuisierung ihrer Lebensweise gebracht, wenn sich nicht einige mutige VorkämpferInnen geoutet hätten. Also, wenn du die Lebensumstände hast, erlaube dir, der Welt zu sagen: „Ich bin poly- und das ist gut so!“