das Poly Buch

Wer lebt Polyamor?

Insgesamt lässt sich das schlecht einschätzen, weil ein Großteil der Kommunikation und Vernetzung über recht anonyme elektronische Medien verläuft und zudem eine große Anzahl von Polys nicht aus ihrer „Ecke“ kommen, sich nicht outen und so auch nicht erfasst werden können.
In den USA schätzte man die polyamore „Subkultur“ 2003 auf ca. 100.000 Leute. In Deutschland dürften es schätzungsweise 10.000 sein. Ich habe von den verschiedenen Quellen Angaben zusammengefasst

  • eher Akademiker
  • Freiberufler, im Gesundheitsbereich Arbeitende, Therapeuten, Lehrer/ Trainer, Künstler
  • am ehesten die 30-50-jährigen (mittlerweile wächst der Anteil der 20-30 Jähirgen und auch der älteren Menschen rasant!)
  • ein kleiner Teil der älter gewordene Hippies und 68er
  • Poly hat eine weite Bandbreite von sexuellen Orientierungen: Heteros, Lesben, Schwule und Bisexuelle, ich denke aber, im schwulen und bisexuellen Spektrum ist es häufiger anzutreffen
  • weites Spektrum an religiösen Überzeugungen: Neuheiden, Tantriker, Atheisten und Agnostiker, in den USA besonders stark Unitarier (!)
  • einige interessieren sich für das Studium von spiritueller Sexualität wie z.B. Tantra oder Tao
  • andere interessieren sich überhaupt nicht für die New-Age-Bewegungen, sehen das Polysein pragmatisch und weltlich
  • politisch eher links und liberal denkende Menschen
  • Science Fiction und Fantasy Fans, die Autoren wie Robert Heinlein, Robert Rimmer, Starhawk und Marion Zimmer Bradley mögen
  • weitere verbreitete Interessen sind FKK, Vegetarismus, Ökologie und ganzheitliche Medizin
  • es gibt viele Überschneidungen mit anderen Gruppen und Subkulturen, z.B. Swinger, Bisexuelle, BDSM-ler

Eine Quelle aus den USA versucht eher auf die gemeinsamen Charaktereigenschaften oder Glaubenssätze einzugehen, die Poly-Menschen kennzeichnen:

„Polys sind ein ganz schön gemischter Haufen, aber hier sind einige gemeinsame Eigenschaften: Polys sind nicht extrem unsicher oder bedürftig, haben meist gute Kommunikationsfähigkeiten  und eine besondere Liebe zur Ehrlichkeit. Polys haben eine  ungewöhnlich hohe Selbsterkenntnis, eine hohe Priorität auf menschlichem Wachstum. Und sie sind verdammt gute Köche (!) Und Masseure, möchte ich noch hinzufügen, insgesamt doch eher sinnliche Menschen.

Polys teilen gemeinsame Werte und Glaubenssätze, z.B. dass lebenslange strikte Monogamie ein Mythos ist, dass man Menschen nicht als Besitz aufzufassen habe, dass alle Menschen das Recht auf Freiheit der Wahl ihrer Beziehungen und Familien haben oder dass dir niemand sämtliche Bedürfnisse ein ganzes Leben lang erfüllen kann“

Polyamorie als Mainstream-Trend

  • Im Gegensatz zu den 90er Jahren, als Polyamorie sich fast ausschließlich in Subkulturen abgespielt hat, wird es nun auch in Deutschland und Europa immer mehr zu einem Trend.
  • Über das Internet organisieren sich schon Hunderte von Menschen über die Seiten polyamory.ch, beziehungsgarten.net, die Poly-Gruppe des Joy-Club und polyamore.de. Eine eifrige Diskussion mit vielen Beteiligten findet sich auch auf der Webseite von neon.de.
  • Inzwischen haben Medien wie der Stern, der Focus, die Süddeutsche und sogar die Bild-Zeitung über Polyamorie berichtet, viele Fernsehsendungen haben es zum Thema gemacht.
  • der Autor Michael Mary, der eine Öffnung von Zweierbeziehungen empfiehlt, wird viel gelesen
  • Es kommen immer wieder Berichte über die polyamoren Prominenten Dieter Wedel, Tilda Swinton und Paul Bocuse.
    Polyamorie in Subkulturen

Im deutschsprachigen Raum ist Polyamorie eine wachsende Bewegung. Da aber das Internet als Vernetzungsmöglichkeit noch nicht ausreichend entdeckt ist, ja, man sich auf einen Labelbegriff noch gar nicht zu einigen in der Lage war, gibt es eine ernsthafte Praxis bisher vor allem in Subkulturen. Diese Webseite soll beitragen, das zu ändern.

Poly in Gemeinschaften

Gerade in Deutschland leben viele polyamor fühlenden Menschen in Lebensgemeinschaften, die einen Rahmen und die nötige Unterstützung für diesen Lebensstil bieten.

Poly bei schwulen Männern

In der schwulen Subkultur ist die non-monogame Lebensweise eher die Regel als die Ausnahme. Verschiedene Szenetreffs, Saunaclubs und Parks laden zum anonymen sexuellen Austausch ein. Viele Schwule leben in einer offenen Zweierbeziehung, manchmal auf Swingerbasis, zuweilen nach dem Nichts-Fragen-Nichts-Sagen-Schema, oft aber auch in einer polyamor orientierten Zweierbeziehung mit offenem Austausch über die anderen erotischen und Liebeskontakte.
In der schwulen Subkultur gibt es auch Erfahrungen mit Dreierbeziehungen, wie etwa der Wirbel um den Fotoband „Three“ von Howard Roffman 1996 beweist. Roffman fotografierte drei in enger Beziehung lebende junge Männer über einen längere Zeitraum und gab dadurch bestimmten Sehnsüchten einen Ausdruck.

Poly bei lesbischen Frauen

Im lesbischen Umfeld ist der Beziehungsaspekt im Vergleich zum sexuellen deutlich stärker betont. Hier gibt es allerdings eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema „Anderssein“ und gesellschaftlich außerhalb der Norm leben. Im Verlaufe dieser Auseinandersetzung hat es auch schon immer eine Tendenz zu Experimenten mit Mehrfachbeziehungen gegeben. (zum Lebensgefühl der lesbischen Subkultur in den Achtziger Jahren siehe z.B. den Film: die Ritterinnen). Mir sind lesbische Mehrfachbeziehungen sowohl aus meinem Bekanntenkreis als auch aus dem Internet bekannt.

Seit einigen Jahren gibt es die sogenannte „Schlampen“-Bewegung, die wahrscheinlich unter dem Einfluss des Buches „The ethical slut“ zu ihrem Namen gekommen ist:
„Selbstredend kommen solche Wortungetüme wie „Mehrfachbeziehungsliebende“ oder „in nicht hierarchisch- monogamen Beziehungsnetzen L(i)ebende“ schon mal gar nicht in Frage. Um diese Sprachlosigkeit zu überwinden und die Lücken zu füllen, hat frau eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Zum einen die, ganz neue Worte zu kreieren und einzuführen wie eine Fremdsprache, zum anderen, sich eines bereits vorhandenen Begriffes zu bedienen. Dieser wird dann mit neuer Semantik und Konnotation versehen, sprich einem Bedeutungswandel unterzogen. Wie am Beispiel „Lesbe“ oder „Hexe“ zu sehen, hat diese Vorgehensweise etwas Provokantes, politisch- gesellschaftlich Relevantes (d.h. unter Umständen Meinungsbildendes) und auch Identitätsstiftendes.
Dies waren auch einige der Gründe, warum ich mir als Selbstbezeichnung den Begriff der „Schlampe” gewählt habe. Schlampe zu sein bedeutet schon immer, sich den Vorstellungen und allgemeinen Vorschriften von Ordnung und „Anständigkeit“ zu entziehen. Die Bedeutung, die diese Bezeichnung für mich hat, und von der ich mir wünsche, dass sie transportiert und verbreitet werden möge, ist:
Eine Schlampe ist eine widerständig l(i)ebende Frau, die ihre Beziehung(en) keiner „herr“-schenden Norm anpassen und/oder unterwerfen will!“

Poly bei Bisexuellen

Unter Bisexuellen, die eine stark wachsende Subkulturgruppe betrifft,  ist die polyamore Lebensweise sehr verbreitet, ja fast die Norm. Ein relativ großer Anteil bisexueller Menschen lebt offen und einvernehmlich in Beziehungen mit mehreren Partnern. Das liegt ein Stückweit in der Natur der Sache (obwohl wir auch hier die serielle Monogamie antreffen).
In den USA sind die Bisexuellen gar die Vorkämpfer der Poly-Bewegung geworden.

Poly in der BDSM-Kultur

Je nach Fragestellung scheinen 3–20% der Bevölkerung in unserem Land mehr oder weniger dem SM zuzuneigen.
Obwohl mir eindeutige Zahlen fahlen, scheint Polyamorie in der BDSM-Bewegung eine verbreitete Variante zu sein.

Johannes Jander, Autor der SM-Statistik „Datenschlag“ schreibt dazu auf meine Anfrage: „Hierzu gibt es wenig belastbares Material. In meinem persönlichen SM-Umfeld sind es recht viele, ich würde auf 20-30% tippen. Eine von uns per Internet durchgeführte Befragung über SM-Gewohnheiten lässt sich daraufhin nicht wirklich auswerten, weil die Fragestellung das nicht explizit abfragte.
Was sich sagen lässt ist, dass eine einseitige Poly-Beziehung (Top darf, Bottom nicht) eher selten ist und auch häufig zu Problemen führt. Typischerweise findet man sie bei SMern mit einer starken DS-Komponente, wo also einer dem anderen ständig unterworfen ist. Hier halten sich Herren/Herrinnen schon mal mehrere „Sklaven/innen“.
Unter den weniger DS-orientierten, unter Switchern und Bisexuellen sind Poly-Beziehungen ziemlich häufig und dann meist auch symmetrisch.“

Poly in der Tantra-Subkultur

Tantra ist eine aus dem antiken Indien stammende spirituelle Lebenspraxis. Alle gewöhnliche Sinneserfahrung des Alltags soll mit Hilfe spezieller Methoden in bewusstseinserweiternde Prozesse gesteigert werden. Im Gegensatz zu vielen anderen östlichen Meditationslehren wird also die Sinnlichkeit nicht unterdrückt, sondern eher noch betont. Einige Methoden des Tantra haben auch mit Sexualität und dem Erfahren des Geschlechtsaktes zu tun. Im Zweig des sogenannten linkshändigen Tantra wird auch die Praxis angewandt, durch rituelle Tabubrüche seine sozialen Konditionierungen in Frage zu stellen, darunter auch die monogame Norm.

Im Westen hat sich vor allem eine vereinfachte und abgewandelte Form des Tantra durchgesetzt, die manchmal Neo-Tantra genannt wird. Die meisten Anbieter dieser Workshops beziehen sich auf Bhagwan Rajneesh oder Osho, einen indischen spirituellen Meister, der 1933-1990 gelebt hat. Er definierte Tantra neu als einen erfahrungsorientierten Bewusstseinsweg, in dem sexuelle Freizügigkeit im Zusammenhang mit Meditation und westlichen Psychotherapiemethoden zu einem emanzipatorischen Lebensentwurf führen soll. In Deutschland verbreitete sich die neo-tantrische Methode in den letzten drei Jahrzehnten immer mehr. Die verschiedenen Anbieter integrieren dabei mehr oder weniger auch Elemente des traditionellen Tantra, aber auch andere spirituelle und esoterische Verfahren. Obwohl es sich hier hauptsächlich um kommerzielle Workshops und Ausbildungen handelt, haben sich vielerorts Freundeskreise und tantrische Gruppen gebildet.

Tantra ist auch zum Anziehungspunkt für polyamor gesinnte Menschen geworden. Zum Teil bieten die Rituale der tantrischen Tradition Möglichkeiten, auf angstfreie, jedenfalls ritualisierte Weise polyamore Erfahrungen unterschiedlicher Intensität zu machen.
Die Zahl der tantrisch Orientierten in Deutschland darf auf jeden Fall auf einige tausend geschätzt werden. Davon würde ich gut ein Drittel als mehr oder weniger polyamor einstufen.
Die einschlägige Zeitschrift Connection hat sich in den letzten Jahren auch zu einer Plattform für polyamor interessierte entwickelt, mit z.T. interessanten Artikeln.

Polyamory in Poona und anderen Sannyas-Gemeinschaften

In den frühen Siebziger Jahren zog der ehemalige indische Philosophie-Professor Rajneesh, der zum spirituellen Lehrer geworden war, viele Schüler aus den westlichen Ländern an, darunter viele Hippies, ehemalige politische Aktivisten, Therapeuten aller Art, Wahrheits- und Gottsucher. In Poona unweit von Bombay entstand ein großer Ashram seiner Jünger. Der charismatische Guru lehrte eine spezifische Mischung von westlichen Therapieverfahren und östlicher Meditation mit Bezug auf unterschiedliche spirituelle Traditionen, die er in seinem Lebenswerk zusammenzufassen und zu überwinden den Anspruch hatte.
En großer teil seiner Popularität, aber auch der Skandale um seinen Ashram hing damit zusammen, dass er sich stark mit den Themen Liebe und Sexualität auseinandersetzte und auch seinen Jüngern empfahl, ihre sexuelle Wahrheit ohne Rücksicht auf gängige Konventionen auszuleben. Dies führte dazu, dass insbesondere in der ersten Gemeinschaftsphase, heute retrospektiv meist „Poona 1“ genannt, das Klima in dem Ashram von Experimenten mit freier Liebe, schnellen Beziehungswechseln, starken emotionalen Hochs und Tiefs und eben auch polyamoren Experimenten aller Art gekennzeichnet war.
Die Bewegung gewann einen enormen Einfluss auf die gesamte alternative, spirituelle und therapeutische Szene in Europa und den USA. Durch die starke Betonung polyamorer Werte wurden diese weit in diese Szenen hineingetragen.
Die Sannyasin-Szene hatte zu ihren besten Zeiten etwa 500.000 Anhänger, die sie bis zum heutigen Tag, 15 Jahre nach dem Tod des Meisters, in etwa gehalten hat. Auch wenn man von einer bestimmten Rückverbürgerlichung sprechen muss, gibt es in Sannyasin-Kreisen nach wie vor eine Offenheit gegenüber Poly-Beziehungen.
Einen eigenen konsequenten Ansatz für Poly-Beziehungen zu formulieren ist der Sannyas-Bewegung nie gelungen, bzw. es lag gar nicht ihrem Schwerpunkt, wo die Worte des Meisters als das Spontane betonende „Hier- und Jetzt“- Philosophie gedeutet wurden. Meine persönlichen Erfahrungen mit Sannyasins, einige Jahre nach Oshos Tod, ließen mich zur Vermutung kommen, dass der therapeutische Ansatz nicht dazu geführt hat, mit der Eifersucht konstruktiv umzugehen, und dass es deswegen in den Kreisen selten zu langfristigen polyamoren Beziehungen kommt. In den meisten Sannyas-Gemeinschaften hat man nach einer Phase von Durchläufen wieder zur Mono-Norm zurückgefunden.
Immerhin dürfte die Bewegung um Bhagwan Rajneesh und seine Schüler bei ca. 500.000 Anhängern eine der größten Subkulturen in den westlichen Ländern darstellen, in denen polyamore Lebensstile wenn nicht praktiziert werden, so doch zur Debatte stehen und respektiert werden.

Poly in anarchistischen Kreisen

In anarchistisch-politischen Kreisen in Deutschland gibt es einen Poly-Diskurs, der auch Themen wie „Gender Trouble“, herrschaftsfreie Beziehungen und Kritik an der Hetero-Norm einschließt. Das Ideal ist dabei die Dekonstruktion des Beziehungsbegriffes überhaupt und Einführung einer ungeregelten, chaotischen Zärtlichkeit, an der viele partizipieren können, ohne dass jemand das Monopol auf Sex und Zärtlichkeit beanspruchen könne. Auch sollte man sich von dem Begriff des Geschlechts entfernen, der Menschen sofort in stereotype Kategorien einteile und den anderen individuell als Menschen zu sehen.

Was hier alles dekonstruiert werden soll, scheint eine ziemliche Überforderung zu sein. Das ist vielleicht auch der Grund, warum man keine Berichte über praktische Erfahrungen findet. Vermutlich, weil es die entsprechende Praxis nur in Ansätzen oder überhaupt nicht gibt.

Verwandte Subkulturen:

Cuckold und Wifesharing

Der Ausdruck „cuckold“ stammt aus dem Englischen und bedeutet sinngemäß „jemand, der ein Kuckuckskind großzieht“. War diese Bezeichnung früher ausgesprochen demütigend für einen Mann, der das Fremdgehen seiner Frau nicht verhindern kann, gemeint, so hat sich die Bedeutung im ausgehenden 20 Jh. geändert zu einer bis weit ins bürgerliche Milieu verbreiteten Praxis, in der ein Mann Befriedigung aus dem offenen Fremdgehen seiner Frau zieht, ohne selbst ein Interesse an Fremdgehen zu haben.
Cuckold-Männer ermutigen ihre Frau zum Fremdgehen und unterstützen sie manchmal auch aktiv bei der Partnersuche. Sie ziehen Befriedigung aus der Tatsache, dass die Frau nicht nur sexuell mit anderen Männern zusammen aus, sondern sich auch emotional auf diese einlässt. Manchmal genießen sie in diesem Zusammenhang Sex zu dritt, oder auch, der Partnerin beim Sex zuzusehen. Das voyeuristische Element ist hier nicht zu unterschätzen.
Ein guter Teil der Cuckold-Beziehungen integrieren auch Langzeitliebhaber der Frau, sind also dem polyamorischen Spektrum zuzurechnen. Einige stabile Triaden mit zwei Männern und einer Frau scheinen dem Cuckold-Lover-Schema zu entsprechen. Insgesamt scheinen Cuckold-Beziehungen gut zu funktionieren und lange zu halten.

Vom Cuckold abzugrenzen wäre der Wifesharer, bei dem das sexuelle Interesse im Vordergrund steht, während beim Cuckold das Hauptthema die Liebe zu seiner Frau ist. Ein Wifesharer ist vor allem stark an den voyeuristischen Aspekten interessiert, empfindet keine bis wenig Eifersucht und möchte in der Regel auch seine Frau mit anderen Männern gemeinsam „begatten“.
In Deutschland gibt es mehrere Cuckold-Foren und Chats im Internet, wo auch Kontaktbörsen betrieben werden. Die Dunkelziffer ist hier sehr hoch, und ich schätze, die Poly-Form des Cuckolding geht in die Tausende.
An dieser Stelle sei die Frage erlaubt, ob eine Spur von Cuckold-Empfinden beim Mann überhaupt Voraussetzung für ein polyamorisches Leben ist.
Cuckolding in seiner starken Form beinhaltet, dass der Partner keinen Geschlechtsverkehr mit seiner Frau haben darf, oder Fremdschwangerschaften. Das ist eindeutig dem BDSM-Spektrum als eine Form männlicher Submissivität zuzurechnen.
Eine andere Frage ist, ob es dieses Verhalten auch bei Frauen gibt. Einiges spricht aus meiner Sicht dafür.

Swinger

Die größte Subkultur mit nicht-monogamer Lebensweise macht in Deutschland die Swinger-Szene aus. Die Swinger-Szene besteht zum größten Teil aus Paaren, die es erregt, mit anderen Personen sexuellen Kontakt zu haben. Man trifft sich in der Regel in einschlägigen, kommerziell ausgerichteten Etablissements, in denen es viele Möglichkeiten zu verschiedenen Formen sexuellen Austausches geht. In den meisten Fällen wird die Initiative zum Swingen von den Männern aus, oft lassen sich die weiblichen Partner jedoch „anstecken“, und finden an dieser Lebensform Gefallen.
Im Zeitalter des Internet kommt zu den Swingerclubs auch die sogenannten Swinger-Parties, die eher einen privaten Hintergrund haben, sowie die Möglichkeit, die potentiellen Partnertausch-Buddies zu finden, mit denen man sich im privaten Rahmen daten kann.
Für die meisten Swinger gilt der Grundsatz, dass Sex erwünscht ist, Liebe und andere zärtliche Gefühle eher nicht. Das ist ein Unterschied zur Poly-Liebe, in der es ja vor allem auch um die enge und liebevolle Beziehung zu mehreren Menschen geht. Aber wie man sich schon denken kann: die Übergänge sind fließend. Zwischen zwei Paaren, die sich öfters zum Partnertausch treffen, kann eine innige Freundschaft entstehen. Manchmal kann es dann schon auch zum gemeinsamen Urlaub kommen und zu Freizeitaktivitäten, die über das Sexuelle weit hinausgehen. Damit wäre mindestens schon die Mindestbedingung „Tertiary“ erfüllt.
Interessant für die Poly-Bewegung ist, dass die Swinger-Bewegung viel stärker auch in andere, konservativere und bürgerliche Milieus eindringt und auch Menschen aus der Arbeiterklasse anspricht.

Swingerparties

Eine beliebte Methode, zu erotischem Austausch zu kommen, stellen die Swingerparties dar, die entweder im privaten Rahmen oder von Swingerclubs organisiert werden. In der Regel haben solche Parties ein Motto, die den Rahmen für frivole Begegnungen, erotische Spiele usw. bildet, bei denen es auch zu verschiedenen Formen von Sex kommen kann. Der Veranstalter „Eroluna“ z.B. ist in alternativen Kreisen für phantasievolle und kultivierte Parties bekannt geworden.

Kuschelparties

Seit zwei oder drei Jahren sind diese aus New York stammenden Veranstaltungen auch bei uns populär geworden. Die Parties werden von extra Kuscheltrainern angeleitet und folgen einer bestimmten Reihenfolge: nach einer Runde mit Kennlernspielen folgt ein Spiel, um das nein-Sagen zu üben. Durch weitere Übungen, die körperliche Vertrautheit schaffen, kommt es schließlich zum Austausch von Kuscheleinheiten. Die Leiter achten darauf, dass es nicht zu sexuellem Austausch kommt.
Es gelten die Regeln: die Kleidung bleibt an, kein Sex, kein Küssen, respektvolle Kommunikation, offenes Sich-Mitteilen.
Ob man solche Kuschelparties als Schritt in Richtung Poly-Beziehungen bezeichnen kann, sei dahingestellt. Der Erfolg solcher Settings spricht jedoch dafür, dass zumindest ein Bedürfnis nach liebevollem Kontakt mit vielen weithin vorhanden ist.