Die meisten Menschen werden irgendwie stutzig, wenn sie zum ersten Mal von Polyamorie hören. Einerseits werden vielleicht einige Hoffnungen und schöne Bilder geweckt: Oh ja, das würd ich auch gerne erleben, auf der anderen Seite auch Ängste, dann der Alleingelassene zu sein oder unter Eifersucht entsetzlich leiden zu müssen. Die wenigsten glauben, dass Polyamorie wirklich funktionieren kann und als Modell auch für sie selber relevant werden könnte.
Auch im entsprechenden Milieu gibt es immer wieder Schwierigkeiten und Rückschläge. Die Frage ist: welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit Poly funktioniert? Gibt es ethische Richtlinien, an die sich alle Beteiligten halten müssen? Wie kann ein verantwortliches, liebevolles, nicht verletzendes Miteinander zwischen mehreren Menschen, die auch sexuell intim sind, überhaupt aussehen?
Hier gibt es weiße Flecken auf der Landkarte. Um eine solche Ethik überhaupt erst entwickeln zu können, möchte ich einige Grundsätze und Prinzipien zusammenfassen, die polyamor lebende Menschen entwickelt haben.
Zusammenfassend möchte ich also eine Sammlung von Verhaltensweisen, Handlungsanleitungen, ethischen Prinzipien aufstellen, die notwendig sind, damit polyamore Beziehungen funktionieren, gewissermaßen ein kleines Poly-Brevier.
Dieses Brevier ist dadurch entstanden, dass ich alle mir zugänglichen Texte von Praktikern aus Europa und Amerika ausgewertet und zusammengefasst habe, unter Einbeziehung meiner mittlerweile 14jährigen Erfahrungen mit dieser Art zu leben.
Unter anderem habe ich mich bezogen auf: Brian Frederick, Easton und Liszt, Deborah Anapol, Paxus Calta, Andreas Brück, Christian Rüther, Pedro Kreye, Dieter Duhm, Andro, Samuel Widmer, Danielle Nicolet, Aba Aziz Makaja und die vielen Erfahrungen aus meiner Noyana-Gemeinschaft.
Es macht Sinn, diese Tipps aufzuteilen in Tipps für Paare und Eigenarbeit.
Beginnen wir mit den individuellen Tipps.